Verlässt ein Flug den Flughafen zwei Stunden früher als geplant, haben Kunden das gleiche Recht auf eine Entschädigung wie bei einem Flugausfall. Verpassen die Fluggäste ihren Flug und hat der Fluganbieter nicht rechtzeitig über die frühere Abreise informiert, haben sie einen Anspruch auf die Leistungen aus der EU-Verordnung 261, auch bekannt als Fluggastrechteverordnung.
Die beiden vorliegenden Fälle waren vom Landgericht Düsseldorf und dem Landesgericht Korneuburg in Niederösterreich zum EuGH verwiesen. Geklagt hatte der Inkasso-Dienstleister Flightright, der sich auf Flugentschädigungen spezialisiert hat. Antragsgegner waren verschiedene Fluggesellschaften, unter anderem die Lufthansa-Tochter Austrian Airlines.
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Entschädigung nach EU-Fluggastrechteverordnung
Die EU-Fluggastrechteverordnung ist ein Regelwerk, das Kunden seit bald 20 Jahren gegen Flugausfällen und Verspätungen schützt. Dank einer simplen dreistufigen Tabelle können Passagiere, die ihren Flug unverschuldet nicht erreichen oder stark verspätet an ihrem Ziel ankommen, Entschädigungsansprüche geltend machen. Dabei gibt es je nach Entfernung zwischen 250 und 600 Euro. Entfernungen bis 1.500 Kilometer gelten als Kurzstrecke und bringen 250 Euro Entschädigung. Für eine Mittelstrecke bis 3.500 Kilometer gibt es bereits pauschal 400 Euro. Ab 3.500 Kilometern handelt es sich um eine Langstrecke und mehr als drei Stunden verspätete Passagiere erhalten 600 Euro.
EuGH Entscheidung zu verfrühten Abflügen
Mit der Klage wollten die Inkasso-Dienstleister Flugentschädigungen für Ihre Klienten erreichen. Die beklagten Austrian Airlines, Azurair, Corendon Airlines, Eurowings und Laudamotion wollten dagegen nichts von den Forderungen wissen. Dieser Ansicht folgte der EuGH jedoch nicht und urteilte, dass erheblich verführte Anflüge so behandelt werden müssen wie entfallene Flüge. Eine Änderung um zwei Stunden im Flugplan sei erheblich und könne zu schwerwiegenden Problemen bei den Fluggästen führen.
Folge ist, dass auch bei Vorverlegungen die gesamte Entschädigung aus der EU-Verordnung 261/2004 fällig wird. Die einzige Möglichkeit, keine Entschädigung bezahlen zu müssen, ist eine rechtzeitige Mitteilung der Fluggesellschaft an die Reisenden. Als pünktliche Meldung gilt hier regelmäßig eine Frist von zwei Wochen vor Abflug. Kürzere Fristen können statthaft sein, wenn der Anbieter einen Ersatzflug zur gleichen Zeit anbieten kann. Erhebliche Änderungen müssen hingegen immer mindestens zwei Wochen vorher bekannt gegeben werden.
Zusätzliche Vorteile für Reisende bei der Buchung über Dritte
Weiterhin konkretisierte der EuGH eine weitere Unklarheit bei der Buchung über Dritte. In der Praxis werden Flüge nämlich häufig nicht sofort gebucht, wenn man über ein Reisebüro oder eine Online-Plattform bucht. Hier stellte der EuGH klar, dass auch ein Beleg des Verkäufers oder Vermittlers als Buchungsbestätigung zu akzeptieren ist. Die Entschädigung wird also ebenso fällig, als hätte der Fluggast bereits direkt bei der Fluglinie gebucht. Kunden kann nicht zugemutet werden, sich über die exakten Geschäftsbeziehungen zwischen Reiseveranstaltern und Fluggesellschaften zu informieren. Sie dürfen darauf vertrauen, was sie ihrem Anschein nach wahrnehmen und das ist die Buchung eines Fluges mit einer bestimmten Airline. Für die Fluglinien verwies der Europäische Gerichtshof hingegen auf die Möglichkeit zu Regressforderungen an Dritte, falls Entschädigungen für ungebuchte Flugreisen gezahlt werden müssen.
Fluggastverordnung in der Praxis
Das aktuelle Urteil ist eines in einer langen Reihe von verbraucherfreundlichen Entscheidungen zur EU-Fluggastrechteverordnung. Airlines versuchen immer wieder, Entschädigungen an ihre Kunden nicht auszahlen zu müssen. Auch im vorliegenden Fall musste der EuGH einmal mehr nachkorrigieren. Bereits seit dem Erlass der EU-Verordnung ist der genaue Inhalt und die dazugehörigen Definitionen immer wieder Anlass zu Verfahren. Betroffen sind sämtliche Instanzen, von kleinen Amtsgerichten bis zu den obersten europäischen Gerichtshöfen.